Endlich. Beim Lesen des Buchs "Still – Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt" von Susan Cain vor ein paar Jahren wurde es mir klar. Ich bin so ein "Stiller". Allein wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke. Das erklärt einiges. Im Ergebnis des Kurztests in der Einleitung des Buches blieb daran kein Zweifel. Allerdings weist die Autorin im Kleingedruckten darauf hin, dass es sich bei den 20 Fragen nicht um einen wissenschaftlich untermauerten Persönlichkeitstest handele. Hauptzweck wäre das Nachdenken über die eigene Persönlichkeit und die Vorbereitung auf die folgenden Kapitel. Zweck erfüllt. Und ich musste weiterforschen.
Kurze Zeit darauf las ich Dr. Sylvia Löhkens "Leise Menschen – Starke Wirkung". Es passte wieder fast alles. Auch das Testergebnis (den Test aus dem Buch können Sie hier machen) ist eindeutig: Sie sind ein Intro. 12 Intro-Aussagen, 3 Extro-Aussagen, 2 neutral. Endlich Klarheit über das eigene "Ich", bis …
Irgendwo mittendrin
… bis ich auf der Suche nach einem geeigneten (und typologiefreien) Persönlichkeitstest auf den wissenschaftlich untermauerten Reflector Big Five Personality stieß. Das Testergebnis: Ich bin kein Intro, aber auch kein Extro. Ich liege ziemlich mittig im ambivertierten Bereich, bin also weder noch. Oder besser: sowohl als auch.
Und inzwischen bin ich froh drüber.
Hinweis: Die folgenden Zeilen können Spuren von Ironie enthalten.
Ich bin so froh, dass ich (k)ein Intro bin
Ich bin froh drüber, weil Intros ziemlich bedauernswerte Geschöpfe zu sein scheinen. Schauen Sie sich um in der Fach-, Sach-, Ratgeberliteratur und in der Presse. Da haben Intros jede Menge positiver und nützlicher Eigenschaften:
Intros denken sehr analytisch, können gut zuhören, handeln überlegt, besitzen viel Einfühlungsvermögen, sind konzentriert, beharrlich, unabhängig … (wenn Sie sich für einen Extro halten, hüten Sie sich bitte vor dem Umkehrschluss, der könnte Sie richtig sauer machen). Ja, im Grunde sind Intros sogar die besserenMenschen Chefs.
Aber Intros bekommen irgendwie trotzdem nix auf die Reihe. Wie sonst ist es zu erklären, dass plötzlich Ratgeber für Intros in allen Lebenslagen wie Pilze aus dem Boden schießen. Da gibt es: Selbstmarketing für Introvertierte, Netzwerken für Introvertierte, Bewerben für Introvertierte, Körpersprache für Introvertierte, Akquise für Introvertierte, Verkaufen an Introvertierte, Partnersuche für Introvertierte, Bewerbungsgespräch für Introvertierte, Erfolgsregeln für Introvertierte, Glück in der Liebe für Introvertierte, Präsentieren für Introvertierte, Geschäftsideen für Introvertierte, Spielwaren für Introvertierte, Aktionsideen für Introvertierte, Bloggen für Introvertierte, Kommunikation für Introvertierte, Mehr Präsenz für Introvertierte, Berufe für Introvertierte, Dating für Introvertierte, Privates Glück für Introvertierte, Über-die-Straße-gehen für Introvertierte …
Ich geb's zu, den letzten habe ich mir ausgedacht. Aber alle anderen sind echte Ratgeber: Bücher, Seminare, Konzepte, Selbstlernkurse, Artikel, Presseveröffentlichungen, Videos.
Hinweis: Ab hier wieder frei von jeder Ironie.
Der (Un-)Sinn von Typologien
Sind Introvertierte wirklich so anders, so hilfsbedürftig? Ach was. Ganz normale Menschen, wie Sie und ich, mit Stärken und Schwächen. Warum dann der Hype? Ich weiß es nicht. Wie sinnvoll ist diese Typologie überhaupt? Kommt drauf an.
Typologien sind Modelle, die komplexe Zusammenhänge vereinfachen und sie dadurch leichter verständlich machen. Das ist ihr großer Vorteil und zugleich ihr großes Problem. Wird es zu einfach, die Komplexität zu stark reduziert, kann das zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen führen. In ihren oben genannten Werken gehen die Autorinnen differenziert auf die Bevölkerungszusammensetzung und das "Dazwischen" der beiden Pole stark ausgeprägter Intro- und Extraversion ein. Im populärwissenschaftlichen Zusammenhang ist jedoch gelegentlich davon die Rede, dass 30 bis 50 Prozent der Bevölkerung introvertiert sei. Eine Frage der Grenzziehung: Ab wann "verorte" ich eine Person als introvertiert? Lasse ich "Zwischentöne" zu?
Schwarz oder blond?
Stellen Sie sich vor, jemand käme auf die Idee, die Bevölkerung anhand ihrer Haarfarbe zu typisieren. Er könnte es ganz schwierig machen und möglichst viele Nuancen berücksichtigen, hätte dann aber echte Erklärungs- und Bestimmungsnot. Oder er macht es ganz einfach und legt als Farbtypen Schwarz und Blond fest. Was machen wir mit denen dazwischen? Die werden je nach Ton, ob sie über oder unter einem Referenz- oder Mittelwert der Pigmentierung liegen, zwangszugeordnet. Theoretisch plausibel? Ja. Praktisch sinnvoll? Eher nicht.
Es ist schön, wenn sich Menschen mit ihrem eigenen "Ich" beschäftigen, ihre Stärken und Schwächen erkennen, das Gegenüber bewusst wahr- und auf dessen Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Es ist weniger schön, wenn wir uns dabei auf "Intro" oder "Extro" (oder welche Typologien auch immer) reduzieren. In jedem von uns steckt etwas von beidem, das grundsätzlich oder je nach Situation und Umfeld mehr oder weniger unser Verhalten beeinflusst. Und möglicherweise tun wir den Menschen mit einer ausgeprägten Introversion einen echten Gefallen, wenn wir den Medienrummel um sie mal wieder etwas runterfahren.
Kurze Zeit darauf las ich Dr. Sylvia Löhkens "Leise Menschen – Starke Wirkung". Es passte wieder fast alles. Auch das Testergebnis (den Test aus dem Buch können Sie hier machen) ist eindeutig: Sie sind ein Intro. 12 Intro-Aussagen, 3 Extro-Aussagen, 2 neutral. Endlich Klarheit über das eigene "Ich", bis …
Irgendwo mittendrin
… bis ich auf der Suche nach einem geeigneten (und typologiefreien) Persönlichkeitstest auf den wissenschaftlich untermauerten Reflector Big Five Personality stieß. Das Testergebnis: Ich bin kein Intro, aber auch kein Extro. Ich liege ziemlich mittig im ambivertierten Bereich, bin also weder noch. Oder besser: sowohl als auch.
Und inzwischen bin ich froh drüber.
Hinweis: Die folgenden Zeilen können Spuren von Ironie enthalten.
Ich bin so froh, dass ich (k)ein Intro bin
Ich bin froh drüber, weil Intros ziemlich bedauernswerte Geschöpfe zu sein scheinen. Schauen Sie sich um in der Fach-, Sach-, Ratgeberliteratur und in der Presse. Da haben Intros jede Menge positiver und nützlicher Eigenschaften:
Intros denken sehr analytisch, können gut zuhören, handeln überlegt, besitzen viel Einfühlungsvermögen, sind konzentriert, beharrlich, unabhängig … (wenn Sie sich für einen Extro halten, hüten Sie sich bitte vor dem Umkehrschluss, der könnte Sie richtig sauer machen). Ja, im Grunde sind Intros sogar die besseren
Aber Intros bekommen irgendwie trotzdem nix auf die Reihe. Wie sonst ist es zu erklären, dass plötzlich Ratgeber für Intros in allen Lebenslagen wie Pilze aus dem Boden schießen. Da gibt es: Selbstmarketing für Introvertierte, Netzwerken für Introvertierte, Bewerben für Introvertierte, Körpersprache für Introvertierte, Akquise für Introvertierte, Verkaufen an Introvertierte, Partnersuche für Introvertierte, Bewerbungsgespräch für Introvertierte, Erfolgsregeln für Introvertierte, Glück in der Liebe für Introvertierte, Präsentieren für Introvertierte, Geschäftsideen für Introvertierte, Spielwaren für Introvertierte, Aktionsideen für Introvertierte, Bloggen für Introvertierte, Kommunikation für Introvertierte, Mehr Präsenz für Introvertierte, Berufe für Introvertierte, Dating für Introvertierte, Privates Glück für Introvertierte, Über-die-Straße-gehen für Introvertierte …
Ich geb's zu, den letzten habe ich mir ausgedacht. Aber alle anderen sind echte Ratgeber: Bücher, Seminare, Konzepte, Selbstlernkurse, Artikel, Presseveröffentlichungen, Videos.
Hinweis: Ab hier wieder frei von jeder Ironie.
Der (Un-)Sinn von Typologien
Sind Introvertierte wirklich so anders, so hilfsbedürftig? Ach was. Ganz normale Menschen, wie Sie und ich, mit Stärken und Schwächen. Warum dann der Hype? Ich weiß es nicht. Wie sinnvoll ist diese Typologie überhaupt? Kommt drauf an.
Typologien sind Modelle, die komplexe Zusammenhänge vereinfachen und sie dadurch leichter verständlich machen. Das ist ihr großer Vorteil und zugleich ihr großes Problem. Wird es zu einfach, die Komplexität zu stark reduziert, kann das zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen führen. In ihren oben genannten Werken gehen die Autorinnen differenziert auf die Bevölkerungszusammensetzung und das "Dazwischen" der beiden Pole stark ausgeprägter Intro- und Extraversion ein. Im populärwissenschaftlichen Zusammenhang ist jedoch gelegentlich davon die Rede, dass 30 bis 50 Prozent der Bevölkerung introvertiert sei. Eine Frage der Grenzziehung: Ab wann "verorte" ich eine Person als introvertiert? Lasse ich "Zwischentöne" zu?
Schwarz oder blond?
Stellen Sie sich vor, jemand käme auf die Idee, die Bevölkerung anhand ihrer Haarfarbe zu typisieren. Er könnte es ganz schwierig machen und möglichst viele Nuancen berücksichtigen, hätte dann aber echte Erklärungs- und Bestimmungsnot. Oder er macht es ganz einfach und legt als Farbtypen Schwarz und Blond fest. Was machen wir mit denen dazwischen? Die werden je nach Ton, ob sie über oder unter einem Referenz- oder Mittelwert der Pigmentierung liegen, zwangszugeordnet. Theoretisch plausibel? Ja. Praktisch sinnvoll? Eher nicht.
Es ist schön, wenn sich Menschen mit ihrem eigenen "Ich" beschäftigen, ihre Stärken und Schwächen erkennen, das Gegenüber bewusst wahr- und auf dessen Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Es ist weniger schön, wenn wir uns dabei auf "Intro" oder "Extro" (oder welche Typologien auch immer) reduzieren. In jedem von uns steckt etwas von beidem, das grundsätzlich oder je nach Situation und Umfeld mehr oder weniger unser Verhalten beeinflusst. Und möglicherweise tun wir den Menschen mit einer ausgeprägten Introversion einen echten Gefallen, wenn wir den Medienrummel um sie mal wieder etwas runterfahren.