"An dem Preis müssen Sie aber noch was machen." Dieser Satz eines Interessenten löst bei den wenigsten Begeisterungsstürme aus. Angestellte Verkäufer oder freie Handelsvertreter haben es verhältnismäßig gut. Sie verkaufen ein Produkt, das sie nicht persönlich hergestellt haben. Zu einem Preis, den sie nicht selbst festlegen. Egal, wie groß der persönliche Ehrgeiz sein mag: Selbst eine dreiste Kundenforderung trifft da kaum bis ins Mark. Vielleicht materiell, weil die Verkaufsprovision geringer wird oder ganz schwindet. Aber das ist verkraftbar.
Kürzlich war ich als Verhandlungstrainer beim FAQ Trainertalk von Angelika Eder und Kerstin Boll zu Gast. In der Beratungsrunde wurde mir schnell klar: Preisverhandlungen empfinden die meisten als schwierig. Als Trainer und Coaches haben Sie es aber doppelt schwer. Zumindest dann, wenn Sie selbstständig agieren und Ihr eigener Verkäufer sind. Mit jedem Angebot, mit jedem Preis liegt immer auch das eigene Selbstwertgefühl auf dem Verhandlungstisch.
"Das macht ja auch irgendwas mit Dir, wenn der Kunde sagt: 'Sie sind zu teuer!'"
Selbst erfahrenen Trainern und Coaches fällt es schwer, einen ausreichenden emotionalen Abstand zum Verhandlungsgegenstand herzustellen. Genau der ist aber wichtig, wenn Sie einen kühlen Kopf bewahren wollen. Hinzu kommen dann mitunter Zweifel, ob der angebotene Preis für die eigene Leistung angemessen, markt- und kundengerecht ist. Was bin ich mir wert? Was, wenn der Kunde tatsächlich nicht ausreichend Budget hat? Gibt es einen Anbieter, der billiger ist als ich?"Ich weiß dann oft nicht, welche Argumente ich bringen soll. X Jahre Erfahrung kann jeder sagen. Und dann gibt es vielleicht noch jemanden, der billiger ist als ich…"
Hinter diesen Aussagen stecken gefährliche Annahmen:- Wer mein Angebot nicht will, der will mich nicht!
- Wem mein Angebot zu teuer ist, dem bin ich nicht so viel wert!
- Wenn es ein anderer preiswerter kann, dann bin ich zu teuer!
- Ich unterscheide mich nicht von anderen Anbietern!
… und was Sie dagegen tun können
Ja, Sie können etwas dagegen tun. Dazu müssen Sie jedoch ein paar Hausaufgaben machen:Hausaufgabe 1:
In der Verhandlung geht es um Sie? Verabschieden Sie sich von diesem Gedanken! In der Verhandlung geht es nicht um Sie. Für Sie hat sich Ihr Kunde nämlich bereits entschieden. Zumindest vorläufig. Sonst würden Sie jetzt nicht mit ihm über Ihr Angebot und dessen(!) Preis reden. Es gibt möglicherweise jemanden, der billiger ist? Ja, den gibt es. Und zwar immer. Egal, welchen Preis Sie anbieten: Es gibt immer einen, der drunter liegt.
Hausaufgabe 1: Ändern Sie Ihre Einstellung! Für Sie hat sich der Kunde bereits entschieden. Jetzt geht es um Ihr Angebot!
Hausaufgabe 2:
Als Trainer oder Coach sind Ihnen Rollenübungen bestens bekannt. Spielen Sie ein Verkaufsgespräch nach, bei dem Sie besonders viel Federn lassen mussten. Als Partner suchen Sie sich in Ihrem Bekanntenkreis einen professionellen Verkäufer. Wichtig: Sie übernehmen die Rolle Ihres Kunden, Ihr Partner übernimmt Ihre!
Geben Sie Ihrem Gegenüber die Angebotsunterlagen und lassen Sie ihm ein wenig Zeit zur Einarbeitung. Sein Auftrag: Gib' nicht nach, hol' so viel raus wie möglich!
Nach der Übung werten sie aus: Wann haben "Sie" was gesagt? Wie haben "Sie" auf Kundenforderungen reagiert, wie argumentiert? Notieren Sie sich wichtige Verkaufsargumente.
Hausaufgabe 2: Wagen Sie den Perspektivwechsel und spielen Sie mit Ihrer Rolle!
Hausaufgabe 3:
Feilen Sie an Ihrer Verhandlungstaktik. Überlegen Sie sich, wie Sie Ihrem Kunden künftig Ihr Angebot präsentieren.
- Welcher Preis ist gerechtfertigt und warum?
- Was tun Sie, wenn der Kunde kein ausreichend großes Budget hat?
- Warum ist Ihre Leistung mehr wert als die eines billigeren Anbieters?
- Was können Sie als Verhandlungsmasse ins Angebot einbringen?
Hausaufgabe 3: Erarbeiten Sie sich Handlungsoptionen! Agieren Sie, statt zu reagieren!